Frankfurt-News, DAX

Fondsmanager Christoph Frank erinnert daran, dass zwar der DAX eine Rekordjagd hingelegt hat, aber nur wenige seiner Mitglieder, geschweige denn die zweite und dritte Reihe.

29.04.2024 - 10:39:18

Börse Frankfurt-News: DAX nahe Allzeithoch, die meisten Aktien nicht (pfp Advisory

Fondsmanager Christoph Frank erinnert daran, dass zwar der DAX eine Rekordjagd hingelegt hat, aber nur wenige seiner Mitglieder, geschweige denn die zweite und dritte Reihe. Die Hausse stünde so auf einem wackeligen Fundament.

29. April 2024. FRANKFURT. Auch wenn sich der DAX im April bislang nicht mehr so stark präsentierte wie im ersten Quartal, so blieb er zuletzt doch über 18.000 Punkten und in Schlagdistanz zu seinem Ende März erreichten Rekordstand. In den Wochen und Monaten zuvor hatte Deutschlands bekanntester Aktienindex neue Allzeithochs wie am Fließband produziert.

Diese Rekordserie mag verwundern, fand sie doch in einem eher ungünstigen Umfeld statt: Deutschlands Volkswirtschaft wächst kaum noch, die deutsche Politik agiert eher wirtschafts- und kapitalmarktfeindlich und das Interesse ausländischer Investoren hält sich in Grenzen. Doch einmal mehr zeigt sich, dass sich die deutsche Volkswirtschaft und der deutsche Aktienmarkt durchaus unterschiedlich entwickeln können. Zumindest gilt dies für die großen, auf den Weltmärkten aktiven und damit von der Heimat nicht so abhängigen Konzerne.

Wobei: Das stimmt bestenfalls halb. Präziser müsste ich es eigentlich so formulieren: Dies gilt für den Index, der die großen, auf den Weltmärkten aktiven Konzerne abbildet. Wer tiefer gräbt, erkennt indes bald, dass im Gegensatz zum DAX nicht einmal die Hälfte seiner Indexmitglieder, ja noch nicht einmal ein Viertel, in diesem Kalenderjahr ein Allzeithoch markiert hat. Anders formuliert: Die Rekordjagd auf Indexebene spiegelt sich bei den Einzelwerten nur sehr eingeschränkt wider.

Konkret hatten nach meinen Analysen gerade einmal neun DAX-Mitglieder im bisherigen Jahresverlauf (bis Freitag) ein neues Allzeithoch erreicht, 31 nicht. Eine derart hohe Quote von "Rekordverweigerern" ist grundsätzlich kein gutes Zeichen. Bei mir weckt das Erinnerungen an die New-Economy-Blase zur Jahrtausendwende, als der seinerzeit nur aus 30 Titeln bestehende DAX lediglich von einer Handvoll Aktien nach oben gepusht wurde, während der breite Markt bereits seit 1998 schwach war.

Auch im bisherigen Jahr 2024 fällt auf, dass sich die vermeintliche Rekordjagd auf einige wenige hoch kapitalisierte Aktiengesellschaften beschränkt. Weder der MDAX als Barometer für die mittelgroßen Unternehmen noch der SDAX als Repräsentant der kleinen Firmen haben 2024 neue Allzeithochs erreicht, noch liegen sie halbwegs in der Nähe ihrer Rekordstände aus dem Jahr 2021. Dürftige 12 Prozente aller MDAX-Mitglieder haben 2024 einen Rekordkurs erreicht, beim SDAX sind es gar kümmerliche 7 Prozent. Oder andersherum: 88 Prozent bzw. 93 Prozent schafften es nicht. Es muss sich also niemand wundern, wenn er oder sie die wenigen Highflyer aus diesen Indizes verpasst hat.

Für den deutschen Aktienmarkt lässt sich demnach festhalten: Der DAX notiert nahe seinem Höchststand, die meisten seiner Mitglieder aber nicht, und bei den Wertpapieren aus MDAX und SDAX gibt es nur wenige Allzeithochs. Insgesamt sind folglich wenige Aktien an der aktuellen Aufwärtsbewegung beteiligt, die so genannte Marktbreite ist bestenfalls mittelprächtig. Das ist kein gutes Zeichen. Denn eine Aktienhausse ist umso stabiler, je mehr Einzelwerte mitziehen, idealerweise inklusive vieler neuer Allzeithochs.

In einem optimistischen Szenario gewinnt der Aufschwung an Breite und erfasst allmählich auch die mittelgroßen und kleinen Unternehmen. In diesem Fall stünde die Aufwärtsentwicklung auf einem wesentlich stabileren Fundament. Oder, in einem pessimistischen Szenario: Den Zugpferden der bisherigen Rally geht die Puste aus und der Rest der Herde erweist sich als zu schwach, um "einzuspringen" und die Hausse zu retten bzw. fortzusetzen.

Von Christoph Frank, 29. April 2024, © pfp Advisory

Christoph Frank ist geschäftsführender Gesellschafter der pfp Advisory GmbH. Gemeinsam mit seinem Partner Roger Peeters verwaltet der Experte, der seit über 25 Jahren am deutschen Aktienmarkt aktiv ist, den 2006 aufgelegten und mehrfach ausgezeichneten Stock-Picking-Fonds DWS Concept Platow (LU1865032954) sowie den im August 2021 aufgelegten pfp Advisory Aktien Mittelstand Premium (WKN A3CM1J). Weitere Informationen unter www.pfp-advisory.de. Frank schreibt regelmäßig für die Frankfurter Wertpapierbörse.

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

@ dpa.de

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